// Merkur-Interview mit Damentrainer Fabian Wagner
09 Jan
Merkur-Interview mit Damentrainer Fabian Wagner
„Wichtig ist der Fokus aufs Sportliche“
Mit freundlicher Genehmigung des Münchner Merkur
Bericht: Umberto Savignano
Foto: Robert Brouczek
HT-Trainer Wagner legte als Fehrenbachs Nachfolger einen perfekten Start hin
Nach dem Rückzug von Andreas Fehrenbach Ende November hat Fabian Wagner, der bisherige Co-Trainer von HT Münchens Handballerinnen, das Amt des Cheftrainers übernommen. Und er legte mit Siegen beim TSV Herrsching und gegen den SV Laim einen perfekten Start hin. Mit unserer Zeitung sprach der 32-Jährige über seine neue Rolle und über die Perspektiven seiner Mannschaft, die in der Regionalliga mit 16:4 Punkten auf Rang zwei ins neue Jahr geht.
Hätten Sie sich träumen lassen, dass der Einstieg so gut gelingt?
Ich dachte, in dieser Phase der Hinrunde kommen die richtig kniffligen Spiele. Herrsching ist zwar Aufsteiger, aber dort ist es schwierig zu spielen, Laim steht in der Tabelle nicht so gut da, letzte Saison haben wir aber mit acht Toren verloren. Deshalb bin ich super zufrieden, dass wir diese zwei Spiele gewonnen haben.
War es überhaupt eine große Umstellung vom Co-Trainer zum Chefcoach?
Der größte Unterschied ist eigentlich, dreimal in der Woche da zu sein und sich um das organisatorische Drumherum zu kümmern. Das habe ich als Co-Trainer auch gemacht, aber es ist ein anderer Umfang. Was als Chefcoach zu tun ist, war mir nicht fremd, weil ich ja schon einige Jugendmannschaften trainiert habe. Insofern ist da kein Riesenunterschied. Natürlich ist der Druck als Cheftrainer ein bisschen größer.
Für Außenstehende kam der Wechsel überraschend, intern war er aber nach Aussage von Andreas Fehrenbach schon länger ein Thema.
Der Zeitpunkt hat mich auch überrascht. Es hat sich irgendwo abgezeichnet, aber es wäre für mich angenehmer gewesen, wenn es zum Beispiel am Saisonende gewesen wäre. Wichtig ist jetzt allerdings, dass wir den Fokus aufs Sportliche richten.
Führen Sie die bisherige Arbeit kontinuierlich fort oder setzen Sie eigene Schwerpunkte?
Andis Auffassung vom Spiel mit aktiver Abwehr, die auf Ballgewinne und Tempospiel geht, entspricht absolut auch meinem Ansatz. Der Weg wird also der gleiche sein. Vielleicht werden ein paar Übungsinhalte anders sein. Und natürlich bin ich als Typ anders, das ist ja immer so. Aber die Spielidee wird die gleiche bleiben. Das ist ja auch ein attraktiver Spielstil. Wir müssen vielleicht ein bisschen mehr mit dem Kopf spielen, ein bisschen cleverer werden, wie wir auf bestimmte Situationen reagieren. Da gibt es also schon Aufgaben für mich.
Sind Sie überrascht von der bislang doch sehr starken Saison?
Wenn uns jemand vor der Saison so eine Tabelle hingehalten hätte, hätten wir es blind unterschrieben. Aber wenn man die zwei Niederlagen sieht, ist es schade, dass wir die zwei Spiele verloren haben. Vor der Saison haben wir nicht gesagt, dass wir um den zweiten Platz mitspielen müssen. Oberes Mittelfeld war ein realistisches Ziel. Wir haben schon sehr gut an unserer oberen Leistungsgrenze performt. Was nicht heißt, dass wir jetzt nachlassen sollen.
Die Mannschaft hat sich auch in weniger guten Spielen oft durch Willen und Kampfkraft durchgesetzt. Ist das Ergebnis der Trainingsarbeit oder auch eine Typenfrage?
Ich würde sagen: Was taktische Sachen angeht, sind wir nicht die Übermannschaft. Aber in den Phasen, in denen es darauf ankommt, haben wir drei, vier Spielerinnen, auf die wir uns verlassen können, die genau wissen, was zu tun und zu lassen ist. Die anderen Spielerinnen haben eine hohe Motivation. Und das macht dann schon viel aus: Gas zu geben und daran zu glauben bis zum Schluss.
Was erwarten Sie sich noch für diese Saison? Ismaning scheint mit 20:0 Punkten und mit einer Tordifferenz von plus 139 ja unantastbar. Aber Ihr Team spielt noch zweimal gegen den Spitzenreiter.
Es ist schon fast gruslig, wenn man auf dieses Torverhältnis schaut. Wir können gegen Ismaning nicht ins Spiel gehen und sagen: Da richten wir richtig viel aus. Die haben sich wahnsinnig gut verstärkt, spielen drittligamäßig. Aber ich hätte gerne, dass wir sie ärgern und es ihnen schwer machen. Grundsätzlich gilt für die Rückrunde, die richtige Balance zu finden: Auf der einen Seite weiterhin Spiele zu gewinnen, weil das auch gut für die Stimmung ist, und im Bereich zweiter bis vierter Platz zu bleiben. Auf der anderen Seite alle Spielerinnen weiterzuentwickeln.
Welche langfristigen Perspektiven sehen Sie für die HT-Damen?
Es ist noch zu früh, um die 3. Liga als Perspektive aufzuzeigen. Zunächst geht es darum, für die nächste Saison eine schlagkräftige Truppe aufzustellen. Wir stehen bisher in dieser Saison mit der wieder einstelligen Liga sehr gut da. Wenn die Mannschaft zusammenbleibt und wir ein, zwei Verstärkungen holen können, bin ich zufrieden. Wichtig ist mir auch, dass der gesamte Damenbereich zufriedenstellend läuft, dass wir fließende Übergänge zwischen den Mannschaften haben. Die zweite Mannschaft steht in der Bezirksliga auf Platz eins. Das alles ist wichtig für den internen Zusammenhalt. Der Rest ergibt sich dann, wenn alle Spaß haben.
Sind die Damen gut repräsentiert im Verein? Auch vor dem Hintergrund, dass die Herren zuletzt in der 3. Liga spielten und die männlichen A- und B-Junioren in der Bundesliga mitmischen.
Wir haben uns wirklich sehr gut entwickelt in den letzten Jahren. Bei den Männern gibt es nicht viele Regionalligisten im Münchner Raum, Anzing und Allach, dann ist es vorbei. Bei den Frauen haben wir Laim, Vaterstetten, Ismaning, Gröbenzell, Herrsching, Ebersberg. Wir tun uns schon deshalb schwer. Die Wertschätzung und die Kommunikation vom Verein her ist voll okay. Aber manchmal ist die Halle leider recht leer, voll wird es erst bei den Männern. Da wünscht man sich als Trainer schon mehr Zuschauer.
Die Männer sind trotz des Wiederabstiegs aus der 3. Liga seit Jahren erfolgreich, die Damen auch im Aufwind, die Jugend ist stark. Das HT-Projekt funktioniert offenbar bestens. Sie haben in Taufkirchen und in Unterhaching Handball gespielt. Wo sehen Sie die Gründe, dass die Vereine so gut kooperieren?
Die Grundidee von HT war ja, die Kräfte zu bündeln. Als ich zum Beispiel in Haching gespielt habe, hatte ich viel mit Danger (Herren-Chefcoach Johannes Borschel; d. Red.) zu tun. Ich habe in Taufkirchen eine Jugendmannschaft trainiert, er in Unterhaching. Da sind wir draufgekommen: Das ist doch eigentlich Quatsch. Zusammen können wir die Synergien nutzen. Die Spieler waren ja gemeinsam auf der Schule, sie kannten sich alle. Das sind die, die jetzt im Erwachsenenbereich spielen. Heute denken sie nicht mehr in Haching oder Taufkirchen, sondern nur in HT. Wir haben dann auch viele Sachen richtig gemacht mit dem Drittligaaufstieg der Männer, der A- und B-Jugend in der Bundesliga. Wir haben zwei Hallen, in denen alle trainieren. Es gibt leistungsorientierte Mannschaften und nicht so leistungsorientierte, beide sind dem Verein wichtig.
Was wünschen Sie sich persönlich für Ihre Trainerkarriere?
Ich helfe jungen Leuten gerne, sich zu entwickeln. Ich sehe das nicht als Job. Das ist ein Ehrenamt, an dem ich viel Spaß habe. Ich habe da keine höheren Ziele. Es kommt, wie es kommt.
Zur Person
Fabian Wagner ist ein idealer Repräsentant von HT München: Er spielte beim SV-DJK Taufkirchen in der Jugend, gab sein Debüt als Linksaußen bei den Männern in der Bezirksliga 2009 als gerade einmal 17-Jähriger, war mit acht Toren beim 42:28 gegen den SV Laim gleich bester Werfer seiner Mannschaft. 2016 wechselte er zum TSV Unterhaching. Seit 2017 mit den Jugendteams und seit 2018 auch im Erwachsenenbereich treten beide Vereine als Kooperationsgemeinschaft an. Wagner trainierte erst in Taufkirchen, dann bei HT männliche Nachwuchsteams von der D- bis zur A-Jugend, bildete unter anderem heutige Kaderspieler wie Bastian Pasler aus. In der Saison 2020/21 war er Trainer des Landesligisten TSV Sauerlach, doch wegen Corona wurden nur drei Punktspiele ausgetragen. Als Andreas Fehrenbach 2022 die erste HT-Damenmannschaft übernahm, stieg Wagner als dessen Co-Trainer ein. Nach Fehrenbachs Rückzug Ende November schlüpfte der 32-jährige Steuerfachangestellte vorzeitig in die Chefcoach-Rolle, die für ihn zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin vorgesehen war. Wagner ist verheiratet, hat keine Kinder und wohnt in Taufkirchen.
UMBERTO SAVIGNANO